Keiner der im Internet verkauft, kommt an den GAFA-Unternehmen Google, Amazon, Facebook und Apple vorbei. Aber es gibt Wege, sich so weit wie möglich von diesen „Wegelagerern“ 😉 zu emanzipieren. Denn so kann man sich täuschen: Als vor 20 Jahren es mit dem Online-Handel so langsam anfing, sprachen alle davon, dass jeder von uns die ganze Welt zum Kunden habe könne. Das Internet als großer Marktplatz, basisdemokratisch mit freier Meinungsäußerung organisiert. Naja, war wohl nix. Heute wird die Internet-Ökonomie von vier großen Unternehmen beherrscht (und aufgrund der Anfangsbuchstaben von Google, Amazon, Facebook und Apple auch als „GAFA-Economy“) bezeichnet. Und das mit der freien Meinungsäußerung (bzw. ihren Auswüchsen), darüber will ich lieber gar nicht reden. Diese Plattformen haben vielfach einen exklusiven Zugang zum Markt und zu den Kunden. Wie können sich Unternehmen trotzdem erfolgreich positionieren?Dazu hielt Christian Müller, Co-Founder der OMR, einen verdammt guten Vortrag bei der Jahreshauptversammlung des DDV (Deutscher Dialogmarketing-Verband). Ich fand seine Ideen so gut, dass ich in diesem Blog-Artikel eine kurze Zusammenfassung versuche, natürlich auch mit ein paar eigenen Gedanken, aber der Ruhm für den Input gehört Christian, nicht mir. Und hier sind Sie: Die sechs Pfade zum Ruhm Pfad 1: Go horizontal Kurz zusammengefasst: Wenn Du einen Kundenzugang hast, dann monetarisiere ihn, indem Du Dich breiter aufstellst. Konkrete Beispiele gefällig? Wie wäre es mit dem Versicherungs-Vergleicher e-insurance, der irgendwann auch mal angefangen hat Stromverträge, Handyverträge und alles Mögliche andere auch zu vergleichen. Heute hat er unter dem Namen „Check24.de“ eine riesige Marktdurchdringung. Ein anderes Beispiel ist Uber. Jetzt, wo in vielen Ländern die Infrastruktur aufgebaut und ausreichend Fahrer verfügbar sind, steigt das Unternehmen ins Logistik-Geschäft ein, um die berühmte (teure) letzte Meile zu überbrücken. Pfad 2: Retain Business Wenn ich einen Kunden einmal teuer gewonnen habe (teuer nicht nur, aber auch wegen des Zugangs, der oft nur über die teuren Plattformen möglich ist), dann versuche ich, ihn zum Stammkunden zu machen. Zwei Möglichkeiten stechen besonders heraus:
Baue ein Subscription Modell auf: Nicht nur Netflix wurde damit groß. Auch fast jede Software wird heute als Abo angeboten, von Office 365 bis zu Salesforce im Enterprise Bereich. Andere Beispiele gefällig: Rasierklingen im Gilette Shaving Club, Freelethics, Socken-Abos, oder der neueste Hype: Autos im Abo, angeboten nicht nur von Mercedes, sondern auch Volvo, Porsche und einigen weiteren Anbietern.
Nutze die Kundendaten und betreibe systematisches Customer Relationship Management. Was ist übrigens einer der besten Kanäle, um CRM zu betreiben? Christian Müller gibt die Antwort: „E-Mail-Marketing ist der Hidden Champion des Online Marketing“. YES! Da kann ich dem guten Christian nur recht geben, und muss natürlich sagen, dass nicht nur ich, sondern viele E-Mail-Marketer das seit 10 Jahren erzählen: E-Mail-Marketing funktioniert RICHTIG gut, wenn man es richtig macht. Wenn man es nicht richtig macht, nervt es nur (aber das hat es mit vielen Online-Kanälen gemeinsam). Am besten funktioniert E-Mail-Marketing übrigens mehrstufig, individuell und automatisiert, also mit Marketing Automation at ist best.
Pfad 3: Stand out by provocation Auffälligkeit und Provokation sind nicht erst seit der Erfindung des Internet eine bekannte Form der Werbung. Aber erst Social Media gab dem ganzen den Boost: Viral geht eben, was provoziert. Wir kennen alle die SIXT-Werbung.Allerdings: So einfach ist es nicht. Christian Müller stellte das Beispiel von TRUEFOODS vor, die einen Chia-Samen-Smoothy mit Sprüchen wie „Samenspender aus gutem Haus“ und „Oralverzehr: Schneller kommst du nicht zum Samengenuß“ bewerben. Dazu schreibt Marco Saal in einem lesenswerten Artikel im HORIZONT: „Ein Humor, den vielleicht einige Leute witzig finden. Der entscheidende Fehler ist aber zu glauben, dass genau diese Leute wiederum zur Zielgruppe von True Fruits gehören. Wahrscheinlicher ist, dass vorwiegend junge Männer die sexuellen Anspielungen lustig finden. Dass die dann aber auch in den Laden gehen, um sich einen Chia Samensaft von True Fruits zu kaufen, davon kann man nicht ausgehen. Zumal die Assoziationen rund um Samenerguss und Oralverkehr nur bei einer sehr, sehr kleinen Zielgruppe das Verlangen nach einem dickflüssigen Getränk auslösen dürften.“ Recht hat er.Fazit: Ja, Provokation kann funktionieren. Sie muss aber auch zur Marke und zur Zielgruppe passen. Das ist bei etlichen Produkten vor allem im B2C-Umfeld manchmal gegeben, aber oft fällt dieser Pfad einfach aus. Pfad 4: The CEO as a brand Der “CEO als Brand” könnte manchmal natürlich auch ein „Stand out by provocation“ sein 😉. Aber mal ernsthaft: Wie gut sich Jeff Bezos, Elon Musk oder Online Marketing (Rock)-Stars wie Gary Vaynerchuk verkaufen, ist schon bewundernswert. Da kommt unser Ex-Daimler CEO Dieter Zetsche (hausintern: „Dr. Z.“) nicht mit, auch wenn er seit Jahren ohne Krawatte, aber mit geilen Sneakern herumläuft. Spannend aus meiner Sicht: Das funktioniert nicht nur bei großen Marken. Tausende von Unternehmensführern haben sich mittlerweile durch Bloggen und Twittern einen Ruf als Vordenker aufgebaut. Das sind Menschen, die man natürlich nicht auf der Straße erkennt, weil sie nur einer kleinen Zielgruppe bekannt sind. Aber wenn es die richtige Zielgruppe ist, und sie dort als „Thought Leader“ akzeptiert sind, dann ist das ein sehr interessanter Pfad zu spannenden Kunden. Fürs Bloggen und Twittern noch ein Tipp, analysiert aus dem Twitter-Verhalten von Elon Musk: Eine Kombination aus hoher Frequenz, Authentizität, Thought Leadership und Provokation scheint am besten zu funktionieren. Pfad 5: Digital PR Elon Musk schießt einen Tesla ins All. Praktisch, dass sowohl Space X wie auch Tesla ihm gehören. Red Bull geht irgendwie den umgekehrten Weg und lässt jemanden von der Grenze zum All mit dem Fallschirm abspringen. „About You“ verleiht einen Award für Influencer: Beste Idee ever: Die Influencer finden es geil, geehrt zu werden und posten wie verrückt von diesem Event, um sich in den Ruhm zu sonnen. Und der Veranstalter findet es großartig, weil er Medialeistung für 2-stellige Millionenbeträge für eine Bruchteil bekommt. Und ich finde es super, weil diese völlig überbewerteten Influencer (früher auch „Schleichwerber“ genannt) ihrer eigenen Logik auf den Leim gehen …. Eine Gemeinsamkeit haben diese Events: Sie sorgen für Views und Klicks, und das ganz, ohne dafür den GAFA-Plattformen extra Geld zu zahlen. Pfad 6: Be agile on platforms Womit wir zum letzten Punkt kommen: „If you can´t beat them, join them“. Oft kommt man um die GAFA-Plattformen nicht herum. Aber auch dort hilft es, herauszustehen: Anderes Bildmaterial als alle anderen, oder auch einfach Plattformen ausprobieren, die noch nicht so überlaufen sind wie die großen vier. Oder auf denen der Wettbewerbsdruck einfach geringer ist: Über Instagram Shopping lassen sich tendenziell höhere Preise erzielen als auf Amazon, wo Tausende von Händlern dasselbe verkaufen. Zusammengefasst: Christian hat in seinem Vortrag (der im Unterschied zu diesem Artikel natürlich auch viel von Bildern lebt) einige sehr wertvolle Tipps gegeben, sich aus der Umklammerung der GAFA-Unternehmen zu befreien. Wie immer ist nicht jeder Tipp für jedes Unternehmen sinnvoll anwendbar, und bei manchen Vorgehensweisen ist ein wenig Vorsicht auch angebracht. Eines aber ist auf jeden Fall sinnvoll: Wenn Du einmal einen Kunden hast, dann hege und pflege ihn. Baue eine Beziehung mit ihm auf, damit er zum Stammkunden und im Idealfall sogar zu Deinem Brand Ambassador wird. Sprich: Kundendialog, je individueller desto besser, ist IMMER die richtige Strategie, sich von den GAFA-Unternehmen zu emanzipieren.
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